Von Michael Prior
Geschäftsführer der Friedel & Gisela Bohnenkamp-Stiftung
Sprecher des Netzwers Bildung - Stiftungen für die Region Osnabrück
Stiftungen zeichnen sich im Allgemeinen dadurch aus, dass Sie durch ihre Förderaktivitäten anderen etwas Gutes tun, indem Sie aus ihrem Kapital Gelder zur Verfügung stellen. Dies ist allerdings eine sehr verkürzte Sichtweise dessen, was Stiftungen durch Ihr Handeln bewirken. Denn Sie wirken dadurch in gewisser Weise „politisch“, da sie, indem sie Lücken füllen, die Gesellschaft auf Verbesserungsmöglichkeiten aufmerksam machen. Nun liegt es in der Eigenart jeder Stiftung, sich durch ihre Fördertätigkeit in den öffentlichen Diskurs einzubringen – oder auch nicht. Aber was kann entstehen, wenn Stiftungen und öffentliche Hand zu Partnern werden und – wenn auch nur zeitlich begrenzt – gemeinsame Sache machen?
Ein sehr positives Ergebnis, das sich sehen lassen kann, ist durch die Bundesinitiative „Lernen vor Ort“ entstanden, die sich zum Ziel ein besser abgestimmtes Bildungsmanagement gesetzt hat. Viele Akteure ziehen gemeinsam an einem Strang, um regional die vielfältigen Bildungsangebote zu verbessern. Das setzt eine gute Zusammenarbeit voraus. Und diese gab es „vor Ort“ in der ersten Programmphase von 2009-2012 zwischen dem Landkreis Osnabrück und den lokalen Bildungsstiftungen.
Die fünf Gründungsstiftungen, bestehend aus der Stiftung Stahlwerk Georgsmarienhütte, der Friedel & Gisela Bohnenkamp-Stiftung, der Stiftung der Sparkassen im Landkreis Osnabrück, der VME-Stiftung Osnabrück-Emsland und der Bildungsstiftung für Kinder und Jugendliche im Osnabrücker Nordland, haben sehr bald die Vorteile gesehen, die eine Kooperation, wie Lernen vor Ort sie vorsieht, ihnen bietet. Denn im Bildungssektor steigert eine Kooperation der Stiftungen untereinander, aber auch mit kommunalen Entscheidungsträgern die Effektivität. Ein Beispiel aus der Praxis soll dies ein wenig veranschaulichen.
Eine der Stiftungen des lokalen Stiftungsverbundes hat eine Studie bei der Universität Osnabrück in Auftrag gegeben, das regionale Übergangssystem, also alle berufsvorbereitenden Maßnahmen zwischen Schule und Ausbildung, zu analysieren und Handlungsempfehlungen zu entwickeln. Die Wege von Jugendlichen aus der Region Osnabrück auf den ersten Arbeitsmarkt sollten nach Möglichkeit optimiert und unnötige Warteschleifen verhindert werden. Nachdem alle Stiftungen des Stiftungsverbundes dieses Anliegen mit vereinter Stimme unterstützten, haben der Landkreis Osnabrück wie auch die Stadt Osnabrück sich dieses Themas angenommen, das jetzt gemeinsam weiter bearbeitet wird und sich aktuell auf einem guten Weg befindet. Dieses Beispiel unterstreicht die Wichtigkeit einer fruchtbaren Kooperation auf Augenhöhe zwischen Stiftungen und Kommunen als Grundvoraussetzung dafür, gemeinsam ein kohärentes Bildungsmanagement tatsächlich auch erreichen zu können.
Für die Überlegungen der Stiftungen, welche Themenfelder im Bildungsbereich am dringendsten anzupacken seien, liefert die Auseinandersetzung mit den Thesen des Nobelpreisträgers James Heckman wichtige Impulse. Heckman vertritt die Grundthese: Je früher man in Bildung investiert, desto mehr zahlt sich dies aus. So befassten sich die Stiftungen in der ersten Programmphase von „Lernen vor Ort“ im Landkreis Osnabrück schwerpunktmäßig mit der Frühkindlichen Bildung und dem Erreichen von bildungsfernen Familien. Dabei war das „Niedersächsische Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung“ (nifbe) mit Sitz in Osnabrück ein wichtiger und verlässlicher Partner und Berater.
Das Thema Bildung geht in einer Gesellschaft alle an, da sich daran ihre Zukunftsfähigkeit entscheidet. So ist es nicht nur ein großes Anliegen der Stiftungen, ihr Tun auch in die Öffentlichkeit zu tragen, sondern auch auf Dauer gemeinsam im Bildungsbereich Akzente zu setzen, um Zukunft aktiv und dauerhaft mitzugestalten. So bildete sich bei den beteiligten Stiftungen bei „Lernen vor Ort“ schon bald der Wunsch nach einer verstetigten Organisationsform heraus. Daraus ist schließlich das „Netzwerk Bildung – Stiftungen für die Region Osnabrück“ entstanden.
Als sich im Dezember 2011 das Netzwerk Bildung gründete, war eine gemeinsame Öffentlichkeitsarbeit für die Themen Bildung, Vernetzung und Engagement in der Region auf der Tagesordnung ganz weit oben. Am 16. Juni 2012 fand als ein Ergebnis dieser Debatte der Osnabrücker Stiftungstag mit dem Motto „bunt stiften!“ statt. Auf diesem regionalen Stiftungstag haben sich nicht nur zahlreiche Partner für das Thema Ehrenamt, Stiftungen und soziales Engagement begeistert und einer breiten Öffentlichkeit gezeigt, was Stiftungen in der Region Osnabrück bewegen, sondern die einzelnen Institutionen, Bildungseinrichtungen, Stiftungen, sozialen Träger und Personen aus dem Bereich Politik, Bildung, Kultur und Soziales haben miteinander kooperiert.
Die Kooperation zwischen Landkreis aber auch der Stadt Osnabrück und den Stiftungen hat sich durch Lernen vor Ort als effektiv und sinnvoll erwiesen. Dies sollte in der zweiten Projektphase und darüber hinaus weiter ausgebaut werden. Was sich die Stiftungen dabei wünschen, ist weiterhin ein zielgerichteter und umfangreicher Informationstransfer und eine starke Einbindung in die Sondierung möglicher gemeinsamer Projekte. Als zukünftige Themenfelder sind u.a. die bereits angesprochene Optimierung des regionalen Übergangsmanagements, ein durchgängiges Sprachförderkonzept sowie die Sensibilisierung für die MINT-Fächer in Kindes- und Jugendalter zu nennen. Eine besondere Herausforderung stellt das Erreichen von bildungsungewohnten Familien dar, um ihnen passgenaue Bildungsangebote anbieten zu können.
aus "bildungsklick" 19.04.2013
Anzahl der Stiftungen verdoppelt: Insgesamt zehn Partner wollen Impulse für die Bildungslandschaft geben und ihre Konzepte in politische Prozesse einbringen
(red/pm). Das "Netzwerk Bildung – Stiftungen für die Region Osnabrück" hat seine Basis vergrößert. Der aus der Bundesinitiative "Lernen vor Ort" entstandene Verbund begrüßte bei seinem jüngsten Treffen im Kreishaus des Landkreises Osnabrück fünf neue Mitglieder und verdoppelte damit seine Mitgliederzahl.
"Dies ist ein großer Tag für das Netzwerk Bildung", sagte der Sprecher des Verbundes und Geschäftsführer der Friedel & Gisela Bohnenkamp-Stiftung, Michael Prior. Ziel des Netzwerkes ist es, in der Bildungslandschaft von Stadt und Landkreis Osnabrück nachhaltige Impulse zu setzen. "Es ist uns wichtig, dass wir unsere Arbeit durch die neuen Partner jetzt inhaltlich auf eine breitere Basis stellen", erklärte Prior.
Neue Mitglieder im "Netzwerk Bildung – Stiftungen für die Region Osnabrück" sind nun die Caritas Gemeinschaftsstiftung Osnabrück, die Diakoniestiftung im Evangelisch-lutherischen Kirchenkreis Osnabrück, die Schulstiftung im Bistum Osnabrück, die Andrea Kuhl-Stiftung und die HuB-Begabten-Stiftung des Osnabrücker Handwerks. Die neuen Partner im Verbund stehen unter anderem für die freien Schulen in der Region, die frühkindliche Erziehung in den Kindertagesstätten, die Persönlichkeitsentwicklung von Kindern und Jugendlichen, den Übergang von der Schule in die Berufe des Handwerks und die Unterstützung von Menschen in Krisensituationen.
Das Netzwerk Bildung für die Region Osnabrück hatte sich 2011 gegründet. Neben der Friedel & Gisela Bohnenkamp-Stiftung gehören zu den Gründungsmitgliedern die Stiftung Stahlwerk Georgsmarienhütte, die VME-Stiftung Osnabrück-Emsland, die Bildungsstiftung im Nordkreis sowie die Stiftung der Sparkassen im Landkreis Osnabrück. Erste Initiativen waren die Wettbewerbe ErzieherIn und LehrerIn des Jahres 2012 und der Tag der Stiftungen im Juni 2012 in Osnabrück.