Niedersächsische Staatskanzlei Ministerpräsident
Herr Stephan Weil
Planckstraße 2
30169 Hannover
Niedersächsisches Ministerium für Wissenschaft und Kultur
Ministerin Frau Dr. Gabriele Heinen-Kljajić
Leibnizufer 9
30169 Hannover
Osnabrück, 25.06.2015
Offener Brief anlässlich der aktuellen Entwicklungen im Niedersächsischen Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe)
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrte Frau Ministerin,
die Friedel & Gisela Bohnenkamp-Stiftung ist eine der größten privaten Stiftungen des Landes Niedersachsen. Im Jahr 2008 gegründet, legte das Kuratorium der Stiftung in seiner ersten Sitzung im Jahr 2009 das Thema Bildung als Förderschwerpunkt fest. Mittlerweile ist die Bohnenkamp-Stiftung im Bildungsbereich eine fest etablierte Größe und landesweit die einzige Stiftung im Trägerverein der Transferagentur Niederachsen der Bundesinitiative für kommunales Bildungsmanagement.
Seit Beginn ihrer Fördertätigkeit ist für die Bohnenkamp-Stiftung der Bereich der frühkindlichen Bildung ein deutlicher Handlungsschwerpunkt gewesen. Die Stiftung teilt die Überzeugung, dass durch frühe Förderungen nachhaltigere Impulse im Bildungsbereich erzielt werden können. Die positiven Effekte einer möglichst frühen Förderung von Kindern sind an vielen Stellen nachgewiesen und gelten allgemein als die durchschlägigsten im Bildungssektor.
Der wechselwirkende Transfer zwischen Wissenschaft und Praxis ist für die Friedel & Gisela Bohnenkamp-Stiftung ein wichtiges handlungsleitendes Prinzip ihrer Fördertätigkeit. Auf dieser Handlungsgrundlage war in den vergangenen Jahren das Niedersächsische Institut für frühkindliche Bildung und Entwicklung (nifbe) an seinem Standort in Osnabrück für die Bohnenkamp-Stiftung ein stets verlässlicher und wichtiger Kooperationspartner. Dabei hat die Stiftung insgesamt eine Fördersumme von ca. einer Million Euro in gemeinsame Projekte mit dem nifbe investiert und nach unserer Einschätzung dadurch beeindruckende Wirkungen für die Praxis der Bildungsakteure in der Region Osnabrück erzielt. Als nur zwei Beispiele seien hier die Projekte „Bewegungsorientierte Sprachförderung“ (2010-2012) und „(Selbst-) Kompetent bilden – Kinder nachhaltig stärken“ (2013-2015) genannt. Im letzteren Projekt kooperierten sogar gleich drei Institute fachbereichsübergreifend miteinander – eine in der Wissenschaft eher seltene, aber äußerst fruchtbare Kooperation, die ohne das nifbe, aber vielleicht auch ohne die Unterstützung unserer Stiftung nie zustande gekommen wäre.
Nicht nur die Bohnenkamp-Stiftung, sondern auch viele andere Akteure aus der Zivilgesellschaft und aus den Bildungseinrichtungen der Region Osnabrück schätzen die Zusammenarbeit mit dem nifbe sehr. Der Motor dieser Kooperation ist der sich gegenseitig befruchtende Transfer zwischen neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und deren Operationalisierung in der alltäglichen Praxis der frühkindlichen Bildung. Dieser Motor birgt Potential für Innovation, was wiederum unsere Stiftung, aber gewiss auch andere Stiftungen in ihrer Förderaktivität antreibt – so z.B. die Stiftungen im Netzwerk Bildung – Stiftungen für die Region Osnabrück. Dieses Netzwerk hat sich aus dem Programm „Lernen vor Ort“ der Bundesregierung im Jahr 2011 gegründet und vereint aktuell zehn Bildungsstiftungen in sich.
Mit umso größerer Sorge nimmt unsere Stiftung die aktuellen Entwicklungen und Gedankenspiele rund um das nifbe wahr. Wir können es nicht nachvollziehen, warum die Grundidee des nifbe, eine fruchtbare Transferebene für Wissenschaft und Praxis zu schaffen, von der Landesregierung wieder infrage gestellt wird. Denn gerade der Transfer hat mithilfe des nifbe in der Region Osnabrück zu konkreten und handlungsleitenden Ergebnissen für die Bildungsakteure geführt.
Vor einer vorschnellen Zerschlagung der regionalen Netzwerke des nifbe können wir an dieser Stelle nur warnen. Für unsere Stiftung ist es ausgesprochen wichtig, dass unsere Förderung im Bildungsbereich bei den Kindern und ihren Familien tatsächlich auch ankommt, sich dauerhaft entfaltet und Wirkungen zeigt – bis dahin, dass umsatzfähige Erkenntnisse auch Eingang finden in die Lehrerausbildung.
Die eine Million Euro, die wir durch die Kooperation mit dem nifbe in Projekte investiert haben, waren aus unserer Sicht gut investiertes Geld. Eines ist für unsere zukünftige Fördertätigkeit klar: In rein wissenschaftliche Forschung – also ohne einen direkten Bezug zur Praxis im Bildungssektor – werden wir die Fördergelder unserer Stiftung nicht investieren. So steht in der Zukunft mit der sich andeutenden Zerschlagung des nifbe auch der Schulterschluss zwischen dem Land Niedersachsen und den Akteuren der Zivilgesellschaft auf dem Spiel. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, diese Folgen zu berücksichtigen, wenn es um die Zukunft des nifbe geht.
Mit freundlichen Grüßen
Gisela Bohnenkamp
(Vorsitzende des Vorstandes der Friedel & Gisela Bohnenkamp-Stiftung)
Franz-Josef Hillebrandt
(Vorsitzender des Kuratoriums der Friedel & Gisela Bohnenkamp-Stiftung)